Wanted - Loser am Abzug
Die Filmindustrie hat sich mal wieder an einer Comic-Adaption versucht. Diesmal an Wanted, von Mark Millar, das ich persönlich sehr schätze, weil es natürlich um einiges böser als die filmische Umsetzung ist - man denke nur an das grottige 'Leage of the Extraordinary Gentlemen', das gewaltig hinter der Comicvorlage zurückblieb.

Wobei der Film 'Wanted' und das Comic 'Wanted' jeweils ihre eigene Daseinsberechtigung haben, zumal der Film mit erstaunlichen Szenen aufwartet, die vor allem im Bereich des Gun-Fu die Messlatte deutlich höher legen. Selten wurde so choreographiert geschossen und sogar einzelnen Kugeln ganze Minuten gegönnt. Alleine um der Ästhetik willen lohnt sich ein Gang ins Kino: Von Steampunk, über suburbane Dystopie und Großraumbüroästhetik, bis hin zum Glanz der Metropole spannt dieser Film seinen Handlungsbogen - inklusive herrlicher Zerstörungsorgien.

Das Comic 'Wanted' handelt von einem Loser handelt, der durch eine mysteriöse Frau herausfindet der Sohn des ultimativen Killers zu sein, der einer Organisation von Superschurken angehört, die alle Superhelden ausgemerzt haben und nun das Schicksal der Welt aus dem Hintergrund bestimmen.

Im Film werden aus kostümierten Bösewichtern geheimbündlerische Anzugträger, die alle über die selbe Fähigkeit, wie der Hauptdarsteller, verfügen ihren Körper durch enorm hohen Puls und Adrenalinausschüttung in einem Zustand enormer Schnelligkeit und beschleunigter Wahrnehmung zu versetzen - eine unsägliche Tendenz in Filmen immer ALLES erklären zu müssen. Allerdings verlässt der Film hier die Handlung des Comics und verknüpft 'Fight Club' und das 'Mordbüro' von Jack London mit dem guten alten deus ex machina. Denn die Geheimorganisation von Killern, die sich als Wahrer der Stabilität präsentieren, bekommen ihre Aufträge von einem Webstuhl...in Binärcode. Mehr soll von hier von Handlung allerdings nicht verraten sein.

Die Botschaft des Films ist ähnlich der von 'Fight Club', das über Corprate America und die Folgen medialer Übersättigung philosophiert und dabei als letzen Ausweg das radikale Verlassens des Systems sieht, in dem man ohnehin nur eine Drohne sein darf. Auch 'Wanted' beschäftigt sich mit dieser Thematik und läßt den Protagonisten dramatisch mit der Welt des Großraumbüros abrechnen. Doch darin erschöpft sich der Film nicht, über die Etablierung dieser Geheimorgnisation von Killern wird Kritik an den undurchschaubaren Maschinierien der Macht geübt, die sich bedenkenlos für das Gemeinwohl über moralische Instanzen hinwegsetzen. Ähnlich wie im 'Mordbüro' fängt die Maschinerie an zu bröckeln, spätestens dann als der Protagonist des Films einen Blick auf die eigentlichen Codes des Webstuhls werfen kann.

Wanted bringt den wilden Traum eines jeden Schlipsträgers ziemlich genau auf den Punkt: Gefangen in einer Hierarchie von Drohnen träumt so mancher vom spektakulären Ausbruch in die Freiheit jenseits gesellschaftlicher Konventionen und einem Leben als radikales Indviduum, nicht umsonst endet der Film mit den Worten "This is me, taking control". Der unterdrückte Killer ist befreit und die urbane Welt nunmehr ein Spielplatz, an dem nur einer die Fäden wirklich in der Hand hält. 'Wanted' träumt die schmerzhafte Genese zum absoluten und freien Individuum, das wir alle manchmal gerne wären, aber nicht sein dürfen und bei näherer Betrachtung auch nicht sein wollen. Was aber nicht bedeutet, dass man sich keine eskapistische Auszeit gönnen sollte...

So long

ZeroNiner

Kommentieren