Donnerstag, 25. März 2010
Was ich noch zur Killerspieldebatte sagen wollte
Ganz früher machte Masturbieren blind, Rock blöd und der Bauer fraß kein Sushi, weil er bekanntlich nicht frisst, was er nicht kennt. Womit auch die ganze Spannweite der Debatte um Computerspiele umschlossen wäre. Heute ist nachgewiesen, dass die Jugend aus entwicklungspsychologischen Gründen masturbiert und Rock tatsächlich eine angemessene Erweiterung der sechsten Kunst ist. Nur der Bauer frisst nach wie vor kein Sushi, weil er es halt immer noch nicht kennt. Zeiten ändern sich, doch nicht jeder ändert sich mit ihnen, weil man sich ja auch nicht ständig das mühsam erstellte Weltbild umschmeissen will. Also gibt es gegen bestimmte kulturelle Artefakte gewisse Ressentiments, die von „VERBIETEN!“ bis „Man vergleiche dazu Platon“ reichen. Was sogar gut ist, solange eine gewisse Heterogenität in der Debatte herrscht. Denn an solchen Reibungen wächst ein Medium schließlich auch, man denke an nur an Rock oder wem das zu plebiszitär ist, der denke an Arthur Schnitzler – denn auch Intellektuelle sind Gewohnheitsfresser.

Mäuse haben keine Pistolengriffe

Das Problem an der Debatte über „Killerspiele“ ist, dass gefährliches Halbwissen zu einer Gleichsetzung von Spiel und Simulation führt und damit zu einer Gleichsetzung von einem Piloten, der in einem Flugsimulator trainiert, damit er besser fliegen kann und einem Computerspieler, der Killerspiele spielt, damit er besser killen kann. Klar, dass man dieser Argumentation folgend davon ausgehen muss, dass ein Killerspielspieler nicht alle Tassen im Schrank hat und man ihm Killsimulator und Bescheinigung eines funktionalen Oberstübchens abnehmen sollte. Und das ist der Punkt wo ich mich persönlich beleidigt fühle. Ich kann multiple Realitäten sauber von einander trennen, sogar schon eine geraume Zeit und ich bin vor einigen Jahrzehnten noch in einer Pappschachtel zum Mond geflogen. Aber bei aller Phantasie: Mäuse haben keine Pistolengriffe.

Spielregeln

Auch in Killerspielen gibt es Regeln. Es wird gespielt, nicht ausgerastet. Wer ausrastet, der darf nicht mitspielen, das war im Sandkasten so, das ist in Killerspielen so. Man mag es nicht glauben, aber auch unter virtuellen Killern gibt es eine Etikette, die eingehalten werden will und Notfalls auch mit einem Verweis vom Platz geahndet wird. Mit anderen Worten: Es geht zivilisiert zu - ehrlich. Aber das sind Dinge, die man nur erfährt, wenn man an dieser vermeintlich gefährlichen Subkultur teilnimmt oder zumindest zuhört und sich nicht die Ohren zu hält und laut „lalalalalalalalalala“ singt, bis die Subkultur genervt wieder im Keller verschwindet.

Heiliger St. Florian, verschon' mein Haus, zünd' andre an!

Doch man spielt schließlich nicht nur mit und gegeneinander sondern gelegentlich auch nur mit und gegen den Computer. Und dort entfaltet das Computerspiel seine breiten Schwingen, denn ein Spiel ist mehr als die Summe seiner Teile. Viel zu selten wird hinter den Akt des Tötens geblickt, dabei ist der Tod und das Töten von Ballett bis Film quasi das Salz in der Suppe. Es wird überall und vor allem mannigfaltig gestorben. Warum sollten Spiele die Ausnahme sein? Es mag zwar Spiele geben, die das bis zum Exzess zelebrieren, aber die 120 Tage von Sodom gibt es eben auch, von Bruckheimer ganz zu schweigen, wo sogar mit einem flotten Spruch über Leichen gegangen wird. Computerspiele sind ein junges und noch dazu ein multimediales Phänomen, sie entwickeln sich nicht nur auf dem Papier, sondern in virtuellen Räumen und das explosionsartig. Darüber reden sollte man, darüber polemisieren nur am Stammtisch – gern auch mit einem Exkurs zu Sushi.

Damit der arme Text auch ein Zuhause hat...

Permalink (3 Kommentare)   Kommentieren